Das Fahrrad

Im Jahr 2017

 

in Anlehnung aus der Oster SZ…

Das Fahrrad feierte vergangenes Jahr seinen 200. Geburtstag. Am Beginn seiner Geschichte war es ein Spielzeug für Reiche und Adelige, später dann lange Zeit ehrliches Fortbewegungsmittel für Studenten. Es hat das Jahrhundert des Automobils geduldig überstanden und steht jetzt in den Städten besser da als je zuvor. Niemand spricht heute mehr von Kaufhaus Radln, stattdessen geht es um edle Vintage-Stahlrahmen, die Vorzüge des Riemenantriebs und die Preise von Custom-Bikes, für die schon die Schlösser so viel kosten wie früher das berüchtigte Konsum-Rad.

Während sich das Auto derzeit dringend neu erfinden muss, steht das alte Rad jedenfalls fest mit beiden Reifen in der Gesellschaft, es ist gesund, leise, umweltfreundlich und schnell, und mit solchen Attributen kann man heute mehr individuelle Klasse beweisen als mit Firmenwagen oder Taxi. Für den smart-urbanen Antritt gibt man deshalb Geld aus, der durchschnittliche Verkaufspreis für Fahrräder ist  rasant gestiegen. In Deutschland von 460 Euro im Jahr 2010 auf schon 698 Euro im Jahr 2017. Man fährt unter der Woche stilvoll in die Arbeit, und fürs Wochenende steht noch ein echtes, fünfstelliges Sportrad in der Garage. Oder ein E-Bike, das noch mal neue Käufer- und Preisschichten erschließt.

Vom eiernden Not-Vehikel hat sich das Fahrrad zum Statement-Spielzeug für Mode und Design entwickelt. Top-Hotels führen selbstverständlich einen Fuhrpark mit formschönen Rädern. Luxuslabels stellen sich Bikes als urbanen Frischekick ins Schaufenster oder bieten sie gleich selbst an. Wie teuer und wie schlicht ein Fahrrad gleichzeitig sein kann, das loten Bike-Manufakturen in den Städten aus, stolze Besitzer hängen sich ihr Vintage-Velo gleich an die Zimmerwand. Mit einem schnittigen Stadtrad, erregt man vor der Bar mehr Aufsehen als mit einem Sportwagen. Und das gute Gewissen zeigt man dabei ebenso gerne vor wie den sauber gemufften Stahlrahmen.